Prokops Geheimgeschichte
DFG-Projekt "Kommentar zu Prokops Geheimgeschichte"
Der Kaiser als Teufel, seine Frau als Hure: Ein obskures und teils pornographisches Werk der Spätantike, die „Geheimgeschichte“ des Prokop, wird erstmals wissenschaftlich kommentiert.
Sechstes Jahrhundert, Spätantike: Das Imperium der Römer ist in einen West- und einen Ostteil zerfallen. Im Osten, in Konstantinopel, herrscht Kaiser Justinian. Er hat weite Teile des Westens zurückerobert und sich zum Ziel gesetzt, das Imperium nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Man spricht vom Zeitalter Justinians.
An Justinians Hof wirkt auch Prokop, Spross einer griechischen Familie aus Palästina. Er gilt als der letzte bedeutende Geschichtsschreiber seiner Zeit. Den heutigen Historikern hat er ein Rätsel hinterlassen: die „Geheimgeschichte“. Der Text ist in Altgriechisch geschrieben und steckt voller hemmungsloser Verleumdungen gegen das Kaiserpaar. Prokop nennt den um die Durchsetzung des Christentums bemühten Kaiser Justinian „Fürst der Dämonen“ und weist ihm damit ein klares Synonym für den Teufel zu. Ebenso gnadenlos ist die Darstellung der Kaisergattin Theodora. Prokop schildert ihr angebliches Vorleben als Prostituierte und ihre Vorlieben bei sexuellen Ausschweifungen: Angeblich bedauerte Theodora es sehr, über nur drei Körperöffnungen zu verfügen.
Für die Geschichtsforschung ist das in seiner Anlage einzigartige Werk von immenser Bedeutung, denn die Geheimgeschichte ist eine der zentralen Quellen für die Herrschaft Kaiser Justinians. Prokop beschreibt hier viele Ereignisse und Sachverhalte, die sonst nirgendwo überliefert sind. So erfahren wir etwa von einer „Luftsteuer“, die Justinians Untertanen angeblich bezahlen mussten, und von Folterkellern unterhalb des Kaiserpalasts, in denen Theodora ihre Gegner verschwinden ließ. Allerdings ist das Werk aufgrund seiner literarischen Form und seiner schlechten Überlieferung sehr schwierig zu interpretieren. So sind viele Bemerkungen und Anspielungen bis heute unverständlich geblieben. Daher soll im Rahmen des Forschungsprojekts ein erster umfassender Kommentar zu Prokops „Geheimgeschichte“ entstehen, der sowohl die historischen Hintergründe und Zusammenhänge aufklärt als auch den Text philologisch und literaturwissenschaftlich erschließt. Dieser historisch-philologische Kommentar soll als Arbeitsinstrument und Basis für weitere Forschungen dienen und ist als erster Baustein eines Gesamtkommentars zu Prokop gedacht.
Darüber hinaus soll eine neue Übersetzung erarbeitet werden, die die Ergebnisse der Projektarbeit auch einem breiteren Kreis zugänglich macht. Zwar gibt es bereits deutsche Übersetzungen, doch sind diese sprachlich veraltet und werden vor allem dem griechischen Text Prokops über weite Strecken nicht gerecht.
Dr. Johann Martin Thesz
Institut für Geschichte
Lehrstuhl für Alte Geschichte
Residenzplatz 2, Tor A (Südflügel)
Prof. Dr. Rene Pfeilschifter
Institut für Geschichte
Lehrstuhl für Alte Geschichte
Residenzplatz 2, Tor A (Südflügel)